In den USA hat jetzt jeder 2. Haushalt Zugriff auf einen Video on Demand Service wie Netflix. Früher bezog sich FOMO (Fear Of Missing Out) insbesondere auf Partys und Veranstaltungen, bei denen man unbedingt dabei seien musste, weil man sonst gemeinsame Erfahrungen machen oder nicht mitreden konnte. Heute liest man oft von JOMO (Joy Of Missing Out). Was sich zum einen z.B. auf Facebook-Pausen bezieht, oder eben auf das nicht mehr Ausgehen und Zuhause auf dem Sofa bleiben.
Wenn die Fear Of Missing Out immer kleiner wird, weil sich die Gäste von dem Machen und Tun der Clubbetreiber, Partyveranstalter und Kneipiers gelangweilt fühlen, dann steigt logischerweise die Joy Of Missing Out – „Ich verpasse doch eh nix!“. Und ich kann das nachvollziehen, teilweise jedenfalls.
Netflix vs. Nightlife – Die schönere Zeit gewinnt
Die immer gleichen Konzepte hören heutzutage schneller auf zu funktionieren, ausser sie haben Kultstatus erreicht. Denn hey, das Nachtleben steht mittlerweile nun mal einfach in Konkurrenz zu Video On Demand Diensten und Hollywood-esquen Serienproduktionen. Natürlich nicht nur, aber Netflix sorgt einfach dafür, dass Gäste auf dem Sofa bleiben. Da brauch man nur mal in seinen Twitter oder Facebookstream zu gucken und weiß, wie übergroß Game Of Thrones ist. Welche Clubnacht kann so einen Buzz generieren, dass Leute am Sonntag darüber posten, dass sie die Fortsetzung einer Partyreihe kaum erwarten können? Ich kenne wenige.
Partyveranstalter und Clubbetreiber werden jetzt vielleicht denken „Alter, wie sollen wir mit so einem Hype wie GoT konkurrieren?“ Zumal man ja gar nicht direkt mit GoT konkurriert, sondern GoT nur ein Teil der JOMO Herausforderung ist.
Logo, Veranstaltungen, die nur alle Vierteljahre oder auch nur einmal im Jahr sind haben es einfacher in der Promo. Wenn man sich über die Zeit einen guten Ruf erarbeitet hat, dann klingelt beim potentiellen Besucher die FOMO Glocke im Kopf. Und man geht hin.
Wie wollen wir eigentlich gemeinsam feiern?
Aber was machen mit regelmäßigen Clubnächten? Ich habe auch keine Patentlösung. Woher auch? Was ich aber sehe ist, dass es oft kleinere, intimere Locations leichter haben mit Clubnächten ein wiederkehrendes soziales Gefüge zu schaffen, was einem Selbstläufer gleicht. Wenn ich auf einer wiederkehrenden Basis mit netten Leuten interagieren kann, dann wäre ich ja schön blöd wenn ich mir stattdessen stupide Netflix rein ballere, was ja auch on Demand verfügbar ist.
Stammgäste also. Werden Gäste ohne Zutun zu Stammgästen? Mit Glück ja, in der Regel nein. Und jetzt kann das jeder selber weiter denken. Was ist der Unique Selling Point meiner Veranstaltung? Habe ich als Veranstalter so ein schönes (DJ/Band-)Lineup, dass es die Leute gemeinsam auf die Tanzfläche zieht und die Musik zelebriert wird? Oder habe ich einen Club, der es den Gästen einfach macht miteinander verbal oder auch durch Körpersprache zu interagieren? Kann man beides miteinander verquicken?
Veranstalter müssen realisieren, dass man nicht mehr gegen „Wetten dass?…“ kämpft, sondern gegen Spiele und Serien suchten, die auf Hollywood-Niveau produziert werden. Und nur ein Narr würde auf die Idee kommen, dass man das alleine über niedrige Bierpreise oder Konfetti-Shooter schafft. Billig gibt’s im 1-Euro Shop. Aber Dafür geht man Nachts eher nicht vor die Tür, zumal Netflix auch nicht gerade teuer ist. Die haben aber den Vorteil, dass sie ihr VoD Geschäft gut skalieren können. In eine Kneipe oder einen Club passen aber nun mal nur eine begrenzte Anzahl Gäste.
Kann man ein Fazit dieses Dilemmas ziehen? Vielleicht dieses: Wir sind alle soziale Wesen – das verbindet uns. Das muss man begreifen. Wer Menschen packen will, sollte auf Interaktionen und Emotionen setzen. Die Nighttime Economy muss es ihren Gästen leicht machen eine gute Zeit zu haben. Eine gute Zeit, die besser ist als Netflix.