Ging es dem Genre House eigentlich je schlecht? Chuck Roberts stellte einst fest, House „is a feeling“. Und Gefühlen kann es natürlich per se nicht schlecht gehen. Warum ich diese Einleitung überhaupt schreibe? Nun, ich habe gestern einen recht interessanten Thread auf Facebook zum Thema Deep House und seiner Zukunft gelesen. Wenn Ihr nachlest, werdet ihr schnell merken, dass bei einer Konversation von über 100 Posts länge, die rote Schnur ab und an nicht mehr zu greifen war. Trotzdem lohnt das komplette durchlesen.
Mein Statement zur Diskussion:
„…Abseits des Mainfloors, auf dem Trends oft nicht vom DJ gesetzt werden, sondern vom Popradio, ist doch grade das schöne an so etwas wie ‚elektronischer‘ Musik, dass die DJs einen größeren Einfluss auf die Trends nehmen (können… sollten). Mit anderen Worten, es liegt an den DJs was trended. Und wenn ‚Deep House sich auch in den kommenden Jahren partiell neu definieren kann, wird das auch noch länger vorherrschen. Ich persönlich würde mir eine etwas discoidere Houseprägung wünschen. Aber wenn keiner Anfängt so etwas zu spielen, wird das ein Wunsch bleiben. Was natürlich elementar ist, ist ein Publikum, dass dem DJ einen Vertrauensvorschuss gibt, sonst schreibt die Zukunft wer anders und man kann immer nur hinterher spielen.“
Auch einen Tag später sehe ich das noch genau so.
Ich lebe in Paderborn. Paderborns Houseszene ist so klein, dass sie noch nicht einmal einen 200 Personen fassenden Club sicher füllen kann. Das irre ist ja, dass House nicht so sehr Sparte, wie z.B. Southern Oldschool Death Metal(wenns das denn geben würde), ist. Mit anderen Worten viel aktuelle Musik basiert auf House mit seinem 4/4 Beat.
Ist das Paderborner Publikum also so sehr auf HipHop, Rock oder Pop aus, dass man mit mehr Besuchern bei House-Partys gar nicht zu rechnen braucht? Hat House in Paderborn seine goldene Phase bereits hinter sich?
Für mich, als DJ, dessen Wurzeln und privates musikalisches Interesse bei House liegen, der aber mittlerweile auf dem Mainfloor angekommen ist (weil meine Liebe zu Popmusik auch nicht grade klein ist, aber das wäre ein Thema für einen weiteren Blogpost), hat es den Anschein als ob seine Hochzeit vorerst vorbei wäre. House in der Paderstadt fristet ein Dasein in der Niesche. Deshalb will ich jetzt auch gar nicht von den Solomuns dieser Welt schreiben, die es Schaffen, (Deep-)House beachtliche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, aber Chart-technisch geht da trotzdem nix. Ich denke eher an eingängigen Vocal House a la Phats ’n‘ Small, Soulsearchers oder Bucketheads. Früher absoluter Floorfiller Sound, bringt heute aber auf den großen Tanzflächen kaum jemand mehr zum Jubeln.
Warum ist das so? Sind die früher gespielten Songs heute zu soft? Hat Mr. Vain doch final gesiegt?
Ich glaube eher, weil viele DJs der verlockenden Versuchung von Dance-Music verfallen sind. Dance a la Guetta, Flo-Rida, DJ Antoine. Wenn Songs von solchen Künstlern, neben dem überbordenden Synthie und Kompressor Einsatz, etwas gemein haben, dann ist es die Formel „Stumpf ist Trumpf“. Und wer musikalisch ungebildet ist (und das sind nunmal viele Clubgänger), der lässt sich von der Einfachheit dieser Lieder bezirzen. Wer jetzt zuerst da war, die DJs, die wieder angefangen haben Dance in den Mittelpunkt der Nacht zurück zu holen (Und ich hatte gehofft, dass wir dieses Kapitel mit den 90ern auch ad acta legen), oder die Popradios die diesen Sound auch hoch und runter dudeln, ist eine andere Frage, welche kaum beantwortbar scheint.
Um auf den Titel dieses Eintrags zu kommen, ich glaube in Paderborn steht es schlecht um die Beliebtheit von House und seiner Funktionsfähigkeit auf dem Tanzflur. Vielleicht, weil sich zu wenige DJs trauen dem Popradio Mainstream, den die Gäste von unter der Woche kennen, etwas entgegen zu setzen. Vielleicht, weil sie es sich, mit der Formel Stumpf ist Trumpf, leicht machen wollen. Vielleicht, weil sie selber keinen House mehr mögen und deshalb zu einem Mehr an Dance, EDM und Hiphop in ihren Sets greifen. Oder sind es doch ganz andere Gründe?
Ich weiß es nicht, aber ich glaube, das was die Menschen früher bei Tunes wie ‚Got Myself Together‘ von den eben erwähnten Bucketheads gepackt hat, kann die Leute wieder begeistern. Wenn sich die Stimmungsmacher auf ein Revival des Sounds einigen. Ein Revival für das Gros der Clubgänger.
———
P.S. Wenn man sich aber mal den Erfolg von Lykke Li’s „I Follow Rivers“ im The Magician Remix anguckt, dann steht es vielleicht doch gar nicht so schlecht um die Akzeptanz von House bei der breiten Masse. =)